Asylbewerber in Beselich
Nassauische neue Presse vom 21.03.2015 Robin Klöppel
Beselich-Niedertiefenbach. Über die künftige Unterbringung von Asylbewerbern in Niedertiefenbach wurden die Bürger am Donnerstagabend im Bürgerhaus informiert. Das Interesse der Bevölkerung war enorm, die Plätze im Saal fast alle besetzt.
Bis zu 36 Asylbewerber werden künftig im aktuell noch als Gastwirtschaft genutzten „Niedertiefenbacher Hof“ untergebracht werden. Die Diskussionsbeiträge der Bürger waren positiv. Einige boten spontan an, ein bereits bestehendes kleineres Netzwerk auszubauen und den Neuankömmlingen Hilfe im Alltag zur schnelleren Integration anzubieten. So sagte Dr. Erhard Heinz, dass er mit Kollegen den bereits acht in Niedertiefenbach lebenden Asylbewerbern deutschen Sprachunterricht ehrenamtlich anbiete. Karl Günter Ebel, Besitzer des „Niedertiefenbacher Hofes“, sagte, dass er zwei Jahre vergeblich versucht habe, einen guten neuen Pächter für die Gaststätte und den Hotelbetrieb zu finden. Nachdem dies nicht möglich gewesen sei, habe er mit seinem Sohn Stefan den Betrieb selbst wieder aufgemacht.
Ebel räumte ein, dass sich die Gastwirtschaft an diesem Standort nicht rechne und er jeden Monat ein vierstelliges Minus mache. Da das kein Dauerzustand sein könne, habe er sich beim Landkreis um die Unterbringung von Asylbewerbern in seinem Haus beworben. Er versicherte, dass die Räume noch einmal auf den baulich neuesten Stand gebracht worden seien. Außerdem werde er eine Person zur Betreuung der Asylbewerber einstellen. Sein Sohn und er selbst würden sich ebenfalls um die Neuankömmlinge kümmern. „Wenn die Leute in Niedertiefenbach integriert werden, wird das eine gute Sache“, ist Ebel sich sicher. Bis 20. April läuft noch der normale Restaurantbetrieb weiter. Danach werden die Räume umgebaut, damit Anfang Juni die ersten Asylbewerber einziehen können.
Franz: Einfach freundlich
Bürgermeister Michael Franz (parteilos) meinte, er wolle die Bürger früh mitnehmen, damit sie wüssten, was auf sie zukomme. Der Verwaltungschef meinte, die Menschen sollten einfach freundlich auf die Asylbewerber zugehen. Aus Heckholzhausen habe er bisher nichts Negatives über die dort wohnenden Asylbewerber gehört. Franz würde es auch begrüßen, wenn die Ortsvereine auf die neuen Mitmenschen zugehen würden. Es sei bis Juni noch genügend Zeit, ein Netzwerk aufzubauen und Hilfe zu organisieren. Die Gemeinde werde die nächsten Tage Ansprechpartner auf ihrer Homepage Beselich.de nennen und den Niedertiefenbachern bei der Organisation der Hilfe gerne zur Seite stehen. Diese Hilfe müsse aber aus der Bevölkerung selbst kommen.
Pfarrer Dr. César Mawanzi weiß, dass es Neuankömmlinge in kleinen Orten, wo es sonst kaum Fremde gibt, nicht immer leicht hätten. Er ist sich aber sicher, dass die Niedertiefenbacher einen Weg finden werden, christlich mit ihnen umzugehen. Man müsse sich einfach mal in die Lage von Menschen versetzen, die plötzlich aus ihrer Heimat vertrieben worden seien.
Unterstützung bot auch Dieter Geberzahn, Dezernatsleiter Integration beim Kreissozialamt, an. Der Kreis verfüge über Sozialarbeiter, die bei Problemen angesprochen werden könnten. Bei der Unterbringung werde auf menschenwürdige Zustände geachtet. Nur zehn Prozent der Bewerber würden genommen. Nur der Partner habe eine Chance, der ein gutes Konzept habe und sich auch ordentlich um die untergebrachten Asylbewerber kümmern könne. Geberzahn machte auch deutlich, dass er die Ankömmlinge bevorzugt an Standorten unterbringe, wo sie ein gutes öffentliches Personennahverkehrsnetz, Einkaufsmöglichkeiten und ein Handynetz verfügbar sei.
2015 doppelt so viele
Geberzahn sagte, dass sich die Lage im heimischen Kreis 2015 noch verschärfen werde. Letztes Jahr seien 632 Asylbewerber untergebracht worden, dieses Jahr würden es wohl doppelt so viele werden. Daher benötige der Kreis weiter gute Quartiere, denn bis ein Asylantrag abgearbeitet ist, könne es Jahre dauern. Oft könnten die Bewohner auch nicht sofort nach Erhalt ihrer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung in eine normale Wohnung umziehen, da eine mehrköpfige schwarzafrikanische Familie bei vielen Vermietern keine offenen Türen einrenne, sagte Geberzahn. Einen Job dürfe ein Asylbewerber erst 18 Monate nach der Einreise annehmen, und das auch nur, wenn es keinen qualifizierten deutschen Bewerber gebe. Wenn Asylbewerber freiwillig etwas für andere täten, sei das aber in Ordnung. Rechtlich nicht so einfach sei aber, wie es mancherorts schon vorgeschlagen worden sei, von Gemeinden Asylbewerber für einen Euro die Stunde zum Müllsammeln oder zur Ortsbegrünung einzustellen.(rok)
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Limburg-Weilburg. Die Unterbringung von Flüchtlingen wird den Landkreis auch in diesem Jahr vor eine große Herausforderung stellen. 2015 kommen voraussichtlich rund 1500 weitere Asylbewerber. Diese Zahl nannte Landrat Manfred Michel (CDU) auf der Frühjahrsklausurtagung der CDU-Kreistagsfraktion. „Wir sind rund um die Uhr auf der Suche nach geeigneten Unterkünften“, sagte er gestern auf Nachfrage der NNP.
Der Kreis sei in diesem Zusammenhang für alle Optionen dankbar. „Wir mieten, kaufen, sanieren und betreiben“, so der Landrat.
Derzeit leben rund 800 Flüchtlinge im Landkreis Limburg-Weilburg.
Nach Angaben von Pressesprecher Christian Wendel unterstrichen die CDU-Abgeordneten ihre Solidarität mit den Menschen, die in ihrer Heimat verfolgt werden und daher in einem anderen Land Zuflucht suchen. Dabei machten sie deutlich, dass die Abgrenzung zu Wirtschaftsflüchtlingen wichtig ist. „Die Solidarität gilt in erster Linie denjenigen, die aus politischen Gründen ihr Land verlassen, um Sicherheit zu finden“, sagte Wendel.
Rein materielle Gründe dürften dagegen aus Sicht der Christdemokraten nicht ausreichen, um das Anrecht auf Asyl in Deutschland geltend zu machen. „Dies sind wir auch unseren Mitbürgern schuldig, die sich vielfach vorbildlich für Flüchtlinge einsetzen, aber auch Ängste und Fragen haben, die ernst genommen werden müssen“, sagte der Fraktionsvorsitzende und Landtagsabgeordnete Joachim Veyhelmann.
Schwieriger Finanzausgleich
Die CDU-Vertreter beschäftigten sich außerdem mit der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs (KFA). Für das hessische Finanzministerium berichteten Mirjam Sanner und Michael Hohmann über das Urteil des Staatsgerichtshofes, wonach die Kommunen in diesem Rahmen eine „auskömmliche und angemessene Finanzausstattung“ erhalten sollen. Für die Ermittlung der Finanzausgleichsmasse seien rund 3000 Pflichtaufgaben ermittelt worden, die somit die Grundlage bildeten. Sanner und Hohmann erläuterten, dass der Wegfall der besonderen Finanz- und Investitionszuweisungen zu einer wesentlich höheren Flexibilität hinsichtlich der Verwendung der Mittel führt, die im bisherigen Verfahren einer konkreten Zweckbindung unterlagen.
Der Landtagsabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende Andreas Hofmeister betonte die Komplexität des Verfahrens. „Der Landkreis mit seinen Kommunen wird in der neuen KFA-Systematik nicht zu den Verlierern gehören. Einige unserer Städte und Gemeinden dürfen perspektivisch auch von einer erhöhten Zuweisung ausgehen“, sagte Hofmeister.(hei)
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