Kompostierungsanlage Beselich

Betriebsgenehmigung der Kompostierungsanlage wird trotz jahrelanger extremer Geruchsbelästigung verlängert.

15.02.16

Zum Thema Kompostierungsanalge haben wir wegen der aktuellen Entwicklungen einen Dringlichkeitsantrag formuliert, der am Montag, den 15.2.16 in der Gemeindevertretersitzung behandelt wurde. In der Sitzung wurde das Thema kontrovers diskutiert. Nur die CDU opponierte gegen den Antrag der Bürgerliste, stimmte aber schließlich aus wahlkamptaktischen Überlegungen nach einer Sitzungsunterbrechung unserem Antrag zu.

Antrag der Bürgerliste

Die Gemeindevertretung möge beschließen: Der Gemeindevorstand wird aufgefordert, unverzüglich einen Fachanwalt mit der Einleitung und Durchführung aller erforderlichen Maßnahmen zu beauftragen, die geeignet sind, den Betreiber der Kompostieranlage „Niederstein Nord“ zu verpflichten, die Anlage so zu betreiben, dass der unerträgliche Gestank künftig ausgeschlossen werden kann.

 

Begründung:

 

Schon seit Jahren kommt es insbesondere in Heckholzhausen, aber auch bei wechselnder Windrichtung im östlichen Teil von Obertiefenbach, zu unerträglichen Geruchsbelästigungen durch die Kompostieranlage „Niederstein Nord“. Entsprechende Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern beim Betreiber Herhoff, bei der Verwaltung in Beselich, beim Kreis und beim Regierungpräsidenten in Gießen haben bisher nichts bewirkt. Auch Einzelaktionen von in der Beselicher Gemeindevertretung vertretenen Fraktionen zeitigten keinen Erfolg. Die ganzjährig und oft über mehrere Tage andauernden Geruchsbelästigungen führen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität, die zu verbessern oder zu erhalten sich alle Beselicher Fraktionen auf die Fahne geschrieben haben. Hier dürfen auch Heckholzhäuser Bürgerinnen und Bürger nicht ausgenommen werden.

 

Wir gehen davon aus, dass die Geruchsbelästigung mit geeigneten technischen Mitteln zu lösen sind. Statt hierfür Geld in die Hand zu nehmen, bereitet man lieber über 1.000 Menschen eine schon viele Jahre währende Verminderung ihrer Lebensqualität durch unerträglichen Gestank.

 

Unsere Fraktion hat erst nach der Abgabefrist für Anträge zur Gemeindevertretersitzung am 15.02.2016 aus dem Umfeld des Kreistages erfahren, dass der AWB, bzw. die Kreisverwaltung beschlossen habe, dass die bestehende Kompostierungsanlage auch nach Inbetriebnahme der vom AWB/ Landkreis geplanten Vergärungsanlage fortbetrieben werden soll. Diese Informationen dürften aber auch in der Beselicher Verwaltung bekannt sein. Ein Ende der Belastung durch üble Gerüche ist also nicht einmal in wenigen Jahren abzusehen, worauf sich bisher alle Hoffnungen in der Bevölkerung gestützt haben.

 

Da angesichts des Endes der Legislaturperiode keine Lösungsansätze zur Verbesserung der Situation, insbesondere der Bewohner des Ortsteiles Heckholzhausen, zu erwarten sind, ist ein weiteres tatenloses Zuwarten seitens der Gemeindeorgane bis zur Bildung und Arbeitsaufnahme der künftigen Gemeindevertretung den vom Gestank der Anlage belasteten Bürgern nicht mehr zuzumuten.

Weilburger Tageblatt – 16.02.2016 - von Mika Beuster

Gestank sorgt für dicke Luft in Beselich

PARLAMENT Parteien streiten über Kompostierungsanlage

BESELICH Dicke Luft im Gemeindeparlament Beselich: Die Geruchsbelästigung durch die Kompostierungsanlage hat die Gemeindevertreter am Montag bei ihrer letzten Sitzung vor der Kommunalwahl im März beschäftigt. Dabei stieg den Zuschauern der Duft von Wahlkampf in die Nase.

Hintergrund des parlamentarischen Streits ist die Kompostierungsanlage in Beselich. Gerade aus dem Ortsteil Heckholzhausen berichten Bürger vom süß-fauligen Geruch, der von der Anlage "Niederstein Nord" den Hang hinunterwehe. Aber auch in den östlichen Teilen von Obertiefenbach sind bei bestimmten Wetterlagen die Ausdünstungen der Anlage zu vernehmen. Dies war Anlass für die Bürgerliste, einen Dringlichkeitsantrag einzureichen.

"Unerträglich" sei die Geruchsbelästigung, sagte deren stellvertretender Fraktionschef Norbert Bandur. Seine Fraktion beantragte, einen Fachanwalt einzuschalten, der den Betreiber der Kompostierungsanlage dazu bringen soll, den Gestank künftig auszuschließen. "Die Geruchsbelästigungen führen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität", sagte Bandur zur Begründung.

Doch war der Antrag auch dringlich - und durfte vom Parlament noch in seiner letzten Sitzung vor der Wahl behandelt werden? CDU-Fraktionschef Theo Schneider verneinte dies zunächst. "Eine Erweiterung der Tagesordnung um dringende Angelegenheiten ist nur ausnahmsweise zulässig", sagte der CDU-Fraktionschef. Das Thema Kompostierungsanlage hingegen sei weder neu, noch würde ein Aufschub schaden. Im Gegenteil: Es sei schon oft Thema auch in der Gemeindepolitik gewesen, und es sei kaum davon auszugehen, dass die Situation von heute auf morgen besser werde. Der Antrag der Bürgerliste sei insofern "dem Wahlkampf geschuldeter Populismus. Wir sind zuversichtlich, dass der Wähler das durchschaut", sagte Schneider.

Bei der SPD-Fraktion sah man dies anders. Es könne gar nicht dringlicher sein, sagte Fraktionschef Michael Jahn. "Wer im Sommer nachts durch Gestank aufwacht, weil er bei offenem Fenster geschlafen hat, für den ist es schon zu spät", sagte der SPD-Politiker. "Durch die Kompostierungsanlage in unserem direkten Wohnumfeld kommt es dauerhaft zur massiven Beeinträchtigung unserer Lebensqualität und zu einem nicht unerheblichen gesundheitlichem Risiko", sagte Jahn. Dabei müsse die Herstellung von Kompost nicht geruchsbelästigend sein. Das Regierungspräsidium (RP) als Aufsichtsbehörde habe aber nicht dafür sorgen können, dass der Betrieb besser werde.

Die Sprecherin des RP, Gabriele Fischer, sagte dazu auf Nachfrage des TAGEBLATTs am Dienstag, dass der Betrieb aufgrund einer Genehmigung aus dem Jahr 2011 erfolge. Grundlage dazu sei ein Geruchsgutachten, das damals positiv ausgefallen sei. Bei einer Ortsbesichtigung anlässlich eines Brands auf der Anlage im vergangenen Jahr sei Mitarbeitern des RP aufgefallen, dass Siebrückstände falsch gelagert worden seien. "Dies ist eine Ursache für die Geruchsbelästigung", sagte Fischer. Das hätte von der Firma gemeldet werden müssen. Mit dem Abtransport gebe es aber derzeit Probleme, die Verzögerung führe dazu, dass weiterhin mit Geruchsbelästigungen zu rechnen sei. Man stehe mit der Betreiberfirma in Kontakt, es sei ein Gesprächstermin bereits terminiert.

Der Geschäftsführer der Betreiberfirma Hermann Hofmann aus Solms (Lahn-Dill-Kreis), Michael Koch, bestätigte am Dienstag auf Nachfrage diese Probleme beim Abtransport. Durch gravierende technische Probleme bei einer Drittfirma gebe es einen Rückstau für diese Produkte. Die Sorgen der Bürger nehme man durchaus ernst.

Erster Kreisbeigeordneter Helmut Jung (SPD) bestätigt Verlängerung der Laufzeit bis 2020

"Bei regelmäßigen Rasterbegehungen kontrollieren wir, wie es mit der Beeinträchtigung aussieht", sagte Koch. Wenn Bauern den Kompost ausbringen, schöben Bürger manchmal auch die dadurch entstehende Geruchsbelästigung auf die Kompostierungsanlage. "Aber sicher - wenn die Beeinträchtigung jetzt auftritt, dann gibt es kein Vorbeireden, dann ist es die Anlage", räumt Koch ein. Hier suche man auch das Gespräch mit den Bürgern und der Politik. Außerdem habe die Firma sehr wohl Maßnahmen gegen Geruchsbelästigungen ergriffen. Eine Absauganlage sei eingebaut, eine Besprühungsanlage, außerdem werde die Halle nur noch halb geöffnet, um eine Durchlüftung zu verhindern.

Der stellvertretende Fraktionschef der Neuen Mitte, Jörg Diefenbach, warnte in der Diskussion im Parlament vor einer Eskalation der Debatte direkt vor Verhandlungen mit dem Kreis in Sachen Deponie durch den Antrag. Der Landkreis sei dabei nicht "sehr fair" vorgegangen. Die Belästigung müsse aber in den Griff bekommen werden.

Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung stimmte die CDU-Fraktion am Montag dann doch noch dem Antrag zu, der inzwischen von der Bürgerliste so geändert worden war, dass der Gemeindevorstand Maßnahmen sondieren solle, den Gestank künftig zu vermeiden.

Bürgermeister Michael Franz (parteilos) sagte im Anschluss auf eine SPD-Anfrage zum Thema, dass er für den 26. Februar zu einem "Runden Tisch Kompostierungsanlage" eingeladen habe, der Erste Kreisbeigeordnete sowie Vertreter des RP und der Betreiberfirma werden dazu kommen.

SPD-Fraktionschef Jahn zeigte sich im Anschluss verwundert über eine Nachricht, die er im europäischen Amtsblatt gelesen habe. Die Betriebskommission des kreiseigenen Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB) habe eine Verlängerung der Laufzeit der Anlage bis 2020 genehmigt, ohne dies zu kommunizieren. "Wir halten das für einen Skandal, dass wir darüber bis heute noch nicht informiert wurden und aus dem Amtsblatt erfahren mussten", sagte Jahn. Bei der CDU Fraktion sorgte dies für Gelächter, sei doch mit Helmut Jung ausgerechnet ein Sozialdemokrat zuständiger Abfalldezernent im Kreis. "Wir wissen doch, wie die Mehrheiten im Kreis sind, entgegnete Jahn", daraufhin.

Auf Nachfrage bestätigte am Dienstag Jung dieser Zeitung, dass die Betriebskommission eine Verlängerung bis 2020 vereinbart habe. "Der Vertrag ist allerdings noch nicht unterschrieben", sagte Jung. Positiv für die Gemeinde Beselich sei dabei, dass rund 200 000 Euro in den Betrieb investiert würden, darunter auch Maßnahmen zur Geruchsdämpfung. Für die Gebührenzahler im Kreis bedeute die Vereinbarung, dass im Jahr rund eine halbe Million Euro eingespart würde. Hintergrund dieser Entscheidung ist laut Jung, dass aufgrund der sich hinziehenden Verhandlungen mit der Gemeinde, wie es in Sachen Deponie und Kompostierungsanlage weitergehe, abzusehen sei, dass es bis zum Auslaufen der ursprünglich vereinbarten Laufzeit bis 2017 keine Lösung für einen alternativen Betrieb gefunden werde könne. Daher sei Handeln geboten gewesen.

Korrektur in der Printausgabe vom 18. Februar: Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Bürgerliste, Norbert Bandur, hat auf eine Ungenauigkeit in diesem Bericht hingewiesen. Das von ihm stammende Zitat zur Geruchsbelästigung durch die Kompostierungsanlage: „Wer im Sommer nachts durch Gestank aufwacht, weil er bei offenem Fenster geschlafen hat, für den ist es schon zu spät“ stamme nicht wie berichtet von SPD-Fraktionschef Michael Jahn. Der Antrag der Bürgerliste beauftrage zudem einen Fachanwalt, nicht den Gemeindevorstand.

Presseberichte zur Gemeindevertretersitzung am 15.2.16

Weilburger Tageblatt-Gestank sorgt für dicke Luft - 16.2.16 von M.Beuster
WT-16.2.16-Gestank sorgt für dicke Luft [...]
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Nassauische Neue Presse - Anwalt soll gegen Gestank vorgehen - 15.2.16
NNP-15.2.16-Anwalt soll gegen Gestank vo[...]
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