Steinbruch Hengen

Im Juni 2018 haben sich die Gemeindevertreter von Beselich mehrheitlich gegen einen Verkauf der Feldwege an Schaefer Kalk entschieden.

 

 

 

Stellungnahme des Fraktionsvorsitzenden Bernd Litzinger zur Abstimmung über den Feldwegeverkauf am 18.6.18

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herrn,

 

ich freue mich, dass so viele Bürger den Weg in unsere Sitzung gefunden haben. Leider kommt dies, wie ich finde, viel zu wenig vor; allenfalls mal bei brisanten Themen. Das letzte Mal, als wir so ein heißes Thema hatten, war vor ca. 8 Jahren. Seinerzeit fand die Sitzung auch in dieser Halle statt und die Gemeindevertreter hatten darüber zu befinden, ob der Fa. Woolrec ein Grundstück verkauft werden sollte. Auch damals, ich konnte gottseidank im Publikum sitzen -, haben es sich die Gemeindevertreter mit ihrer Entscheidungsfindung nicht leicht gemacht.

 

Im Nachhinein erwies sich die damals getroffene Ablehnung des Verkaufs allerdings als Segen, wie wir mittlerweile alle wissen. Diese damalige Situation ist mit der heutigen jedoch keinesfalls vergleichbar, denn heute haben wir es mit einer renommierten Fa. zu tun, die schon viele Jahre in der Region verwurzelt ist und für Arbeitsplätze gesorgt hat.

 

Gerade dieser Hintergrund macht die Entscheidung besonders schwer, was in unserer Fraktion zu sehr kontroversen Diskussionen führte. Eine einheitliche Meinung konnte letztlich nicht gefunden werden, denn wir haben keinen Fraktionszwang. Ich werde heute Abend daher nur die mehrheitliche Meinung unserer Fraktion vertreten.

 

Die wichtigsten Argumente, die Schaefer-Kalk ins Feld führt, sind zum einen Arbeitsplätze und zum anderen Ausgleichzahlungen an die Gemeinde. Beides kann die Gemeinde Beselich gut gebrauchen; die Frage ist aber: auch zu jedem „Preis“?

 

Den geplanten Steinbruch kann ich nicht als einzelnes Ereignis betrachten, sondern sehe ihn im Gesamtkontext zu dem, was wir hier in Beselich an Belastungen bereits haben und ertragen müssen. Mülldeponie, Kompostierungsanlage, zwei Tongruben, ein sich sukzessive erweiterndes Gewerbegebiet, eine Bundesstraße mit wachsenden Verkehr und nicht zuletzt mussten wir noch eine durch Bentazon verursachte Trinkwasserbelastung in den Griff bekommen, was den Steuerzahler über 600.000 € gekostet hat.

 

Wenn ich also eine Gesamtbetrachtung anstelle, muss ich sagen, irgendwo reicht es auch mal. Nicht alles muss nach Beselich. Für mich hat unverbaute und naturbelassene Landschaft ebenfalls einen hohen Stellenwert, zumal wenn man diese rundum Beselich kaum noch findet. Wenn ich am Beselicher Kopf spazieren gehe und meinen Blick nach Osten auf Hengen richte, finde ich nur noch dort einen unbelasteten Korridor.

 

So hat jeder unterschiedlich Maßstäbe und Prioritäten, die man akzeptieren und denen man mit Respekt begegnen sollte. Das Vorhaben der Fa. Schaefer Kalk hat leider eine tiefe Spaltung zwischen Befürwortern und Gegnern erzeugt, was vermutlich noch lange nachwirken wird, egal wie es letztlich ausgeht. Ich bin aber der Überzeugung, dass die Steinbruchbefürworter letztlich leichter mit einer Ablehnung leben können, als die Steinbruchgegner mit einem Steinbruch, den sie die nächsten 25 Jahre unmittelbar vor der Tür haben.

 

Sind wir doch mal ehrlich: wer würde dem Vorhaben denn zustimmen, wenn er unmittelbar betroffen wäre. In Schupbach gibt es nur wenige, die damit leben wollen. Das Votum der unmittelbar Betroffenen hat daher für mich einen anderen Stellenwert, als das derjenigen, die vom Steinbruch nichts mitbekommen werden. Einen Bürgerentscheid habe ich daher nie für geeignet gehalten, gerade weil die Ortschaften extrem unterschiedlich von dem Projekt betroffen sind. Eine Bürgerbefragung hätte ich persönlich auch nicht unbedingt gebraucht. Allerdings habe ich dafür plädiert, dass die Befragung möglichst zeitnah durchgeführt wird, wenn sie denn schon für den einen oder anderen wichtig ist.

 

Wünschenswert wäre gewesen, dass mit der Abstimmung ein Schlusspunkt hätte gesetzt werden können, damit sich die Wogen wieder glätten und Gräben wieder zugehen. Damit wird jedoch nicht zu rechnen sein, den Schaefer-Kalk will weiter an ihrem Vorhaben festhalten. Somit werden uns die Auseinandersetzungen um Hengen noch eine Weile begleiten, wobei ich davon ausgehe, dass künftig noch heftiger um die Meinungshoheit gerungen wird.

 

Wenn es also weitergeht, werden wir uns auf jeden Fall noch mit zwei meiner Meinung nach wichtigen Fragen auseinandersetzen müssen. Zum einen ist dies das hydrologische Gutachten, das Zweifel lässt, wie sich der Steinbruch bei Grundwasserkontakt auf unseren Tiefbrunnen auswirkt. In diesem Zusammenhang gibt es Hinweise, dass die bisherigen Messungen auf keinen Fall ausreichend waren, um eine sichere Aussage treffen zu können.

 

Auch im Fall des Erschütterungsgutachtens fällt auf, dass es hier Abweichungen gegenüber vergleichbaren Gutachten hinsichtlich verschiedener Parameter gibt. Die Fa. Schaefer-Kalk hat zwar durch spontane Bohrungen in Schupbach zu belegen versucht, dass von den vielzähligen Schächten und Gruben aus der Vergangenheit keine Gefahr mehr ausgeht, was möglicherweise nicht ausgeschlossen werden kann. Allerdings hätte ich es glaubwürdiger gefunden, wenn dies durch einen unabhängigen Gutachter festgestellt worden wäre. Hier gäbe es gegebenenfalls noch Klärungsbedarf.

 

Nun gibt es sicherlich nicht Wenige, die sagen, das kann man doch alles noch während des Genehmigungsverfahren, das beim Regierungspräsidium durchgeführt wird, klären. Aus meinen Erfahrungen mit Woolrec und der Kompostierungsanlage weiß ich aber, dass im RP nicht immer alles optimal läuft und wir uns definitiv in einer besseren Position befinden, wenn wir wichtige Dinge vorher klären können und nicht jemanden später hinterherlaufen müssen.

 

Unsere Fraktion ist heute leider nicht in voller Stärke vertreten, so dass wir wegen Urlaubs und Befangenheit von 7 Stimmen nur 5 zur Verfügung haben, wobei wir kein einstimmiges Votum abgeben werden.

 

Zum Abschluss möchte ich aber, - egal wie die Abstimmung nun ausgeht-, an alle appellieren, wieder versöhnlicher miteinander umzugehen und die gegensätzliche Meinung zu respektieren. Denn alle Gemeindevertreter haben es sich nicht leicht gemacht und die meisten haben lange mit ihrer Entscheidung gerungen.

 

Vielen Dank und gutes Gelingen

 

Bernd Litzinger

Fraktionsvorsitzender

Bürgerliste Beselich