Erneuerbare Energien

Nassauische Neue Presse - 15.08.11

 

In Hessen gibt es erste Modelle, die Bürger an der Energie-Wende zu beteiligen.


Politiker hatten als erste die Idee, Bürger als Investoren bei der Energiewende zum Zug kommen zu lassen.


Die Wirtschaft folgt ihnen – es gibt erste Angebote.

Von Lisa-Marie Spielberg



Frankfurt. Rund 600 Windräder arbeiten in Hessen. Dazu gehören auch diejenigen auf der "Neutscher Höhe" im südhessischen Ober-Beerbach. Schon seit 1994 drehen sich hier die Motoren von drei Windkraftanlagen. Zwei weitere sollen noch hinzukommen. Die Energiegenossenschaft Starkenburg will mit ihrem Projekt "Windstark 1" eines dieser Räder bis Oktober aufstellen, das nicht von der Energiegenossenschaft selbst, sondern von den Bürgern der Kommune finanziert werden soll.

 

Gemäß des Firmenmottos "Wer auf das Windrad drauf schaut, soll auch den Nutzen haben können", will die Energiegenossenschaft den Bürgern der umliegenden Gemeinden als erstes die Möglichkeit bieten, über eine finanzielle Beteiligung von diesem Windrad zu profitieren. Der Kaufpreis beträgt insgesamt 3 500 000 Euro. Die Firma bietet "Pakete" im Wert von 2000 Euro zur Beteiligung an. Die Käufer profitieren von 4,25 Prozent Rendite. "Die Investition ist eine langfristige und nachhaltige Geldanlage in den Klimaschutz vor Ort", sagt Vorstandsmitglied Micha Jost.

 

Großinvestoren umgehen

 

Auch die Energiegenossenschaft Odenwald beteiligt sich an dem Windrad und bringt mit 49 Prozent fast die Hälfte des Kapitals in das Projekt "Windstark 1" mit. Weitere Projekte in Kooperation mit Kommunen seien bereits in Planung. "Die Energiegenossenschaft Odenwald will sich weiterhin für erneuerbare Energie durch Bürgerwindräder einsetzen", sagt Vorstandsmitglied Christian Breunig.

 

Gebaut werden die Windräder vom Heppenheimer Unternehmen "3 P Windenergie", das sich kooperativ zeigt und weitere Projekte zusammen mit der Energiegenossenschaft Odenwald plant, so Breunig. Außerdem betont er, wolle seine Firma verhindern, dass Großinvestoren hier Windräder bauen.

 

Da in der Regel Energieversorger oder eben diese Großinvestoren Windräder betreiben, profitiert das unmittelbare Umfeld von dem Nutzen solcher Anlagen gar nicht. Das soll sich nun mit dem Bau eines Bürgerwindrades auf der "Neutschen Höhe" ändern. "Mit unserem Projekt können rund 1250 Haushalte mit umweltfreundlichem Strom versorgt und circa 2800 Tonnen CO2-Emission pro Jahr vermieden werden", so die Energiegenossenschaft Starkenburg. Formensprecher Emil Lauerwald gibt an, dass wegen der großen Nachfrage bereits in den nächsten Tagen alle Pakete verkauft werden seien.

 

Politische Einigkeit

 

Nachdem Hessen lange Zeit für Windenergie ungeeignet schien, sind sich die Teilnehmer des von der Landesregierung inzwischen einberufenen Energiegipfels nun einig, dass die Zahl der Windkraftanlagen in Hessen steigen soll. So wird auf dem Galgenberg im nordhessischen Villmar voraussichtlich bis zum Jahr 2013 ein ganzer Windpark entstehen. Laut Bürgermeister Hermann Hepp (CDU) bietet das Waldgebiet rund um den Galgenberg Platz für drei bis fünf Windkraftanlagen. Noch stehe nicht fest, ob auch dieses Projekt von Bürgern oder von Energieversorgern finanziert werden soll. Jedoch ist für Hepp der Gedanke an ein "Bürgerwindrad" weitaus sympathischer, als ein "Investor, der sich hier nie mehr blicken lässt."

 

Die Windenergie ist eine der kostengünstigsten, aber vor allem auch effizientesten Formen der erneuerbaren Energien. Die CO2-Emission bei Windenergie beträgt nur 24 Gramm pro Kilowattstunde – acht Gramm weniger als bei der Kernkraft. Allein in Hessen trägt die Windenergie rund 2,2 Prozent zur Stromerzeugung bei. Bis zum Jahr 2020 sollen 20 Prozent des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt werden, hat sich die Landesregierung zum Ziel gesetzt.