Presseberichte und Kommentare zum Thema: Erweiterung des Gemeindevorstandes

 

Nassauische Neue Presse – 06.05.11

Leserbrief von Malte Rößler - BLB-Vorsitzender


Political Correctness sieht anders aus


Die CDU Beselich hatte der Bürgerliste bereits vor der Neuen Mitte das Angebot unterbreitet, mit ihr eine Listenverbindung einzugehen. Ziel sollte sein, den Gemeindevorstand von sieben auf acht Sitze zu erhöhen, indem die Hauptsatzung der Gemeinde Beselich verändert würde. Die CDU bot uns diesen zusätzlichen Vorstandssitz an, wenn wir im Gegenzug ihren Kandidaten zum 1. Beigeordneten wählen würden. Die BLB hatte allerdings Skrupel, auf dieses Ansinnen einzugehen: aus Verpflichtung dem Wähler gegenüber.

 

Nicht Partikularinteressen, sondern das Wohl unserer Bürger steht im Mittelpunkt unseres politischen Handelns. Die von der CDU erdachte Konstruktion ist rechtlich grenzwertig, weil sie das Wählervotum vom 27. März nicht mehr widerspiegelt (verfassungsrechtlich gebotener Spiegelbildlichkeitsgrundsatz). In Zeiten knapper Kassen darf der Bürger nicht zusätzlich belastet werden, wenn sich die daraus zwingende Notwendigkeit verschließt. Der zusätzliche Vorstandssitz belastet die Gemeinde mit mindestens 3300 Euro (ohne Fahrkostenpauschale) pro Legislaturperiode, ohne dass eine qualitative Verbesserung in der Vorstandsarbeit erkennbar wäre. Die Neue Mitte, die sich im Wahlkampf als erfrischend anders präsentieren wollte, konnte dieser Versuchung offensichtlich nicht widerstehen. Mit Verlaub, "Political Correctness" sieht irgendwie anders aus!

 



Sitzverteilung

Weilburger Tageblatt 11.05.11


Was kostet der achte Beigeordnete?

Finanzielle und politische Konsequenzen der Vergrößerung des Gemeindevorstands Beselich

 

 


 

Beselich. Im Gemeindevorstand Beselich sitzen nun acht Beigeordnete statt bislang sieben. Das Parlament hat mit den Stimmen von CDU und Neue Mitte die Vergrößerung des Vorstands beschlossen (wir berichteten). Das hat Konsequenzen - politische wie finanzielle.

 

Dieter Ludwig (CDU), dem neu gewählten Ersten Beigeordneten, ist der Vorwurf schon zu Ohren gekommen, dass der achte Beigeordnete die Gemeinde zusätzlich finanziell belasten würde. "Das ist übertrieben", sagt er.

Zum einen, da die Beigeordneten ihre Arbeit ehrenamtlich machen; sie erhalten lediglich eine Aufwandsentschädigung von 15 Euro pro Sitzung und eventuell für gefahrene Kilometer. Zum anderen, führt Ludwig an, sei die Gemeindevertretung erst vor zehn Jahren verkleinert worden. Inklusive des achten Beigeordneten gebe es nun 33 Mandatsträger - Vorstand und Gemeindevertreter zusammengezählt. Das seien weniger als vor zehn Jahren.

 

Auf die politischen Konsequenzen des neuen achten Beigeordneten hat Kai Speth in einem Leserbrief hingewiesen. Seiner Ansicht nach werde die "Macht" des Bürgermeisters durch die Vergrößerung des Gemeindevorstands stark eingeschränkt.

Der Hintergrund: Der neu eingerichtete Posten des achten Beigeordneten fällt der Listenvereinigung von CDU und Neue Mitte zu. Gemeinsam stellen sie nun fünf von acht Beigeordneten. Das macht, da auch der Bürgermeister dem Vorstand angehört, fünf von neun Stimmen, also die Mehrheit. Ohne Vergrößerung des Vorstands hätten CDU und Neue Mitte vier von acht Stimmen gehabt. Aber im Fall einer Pattsituation zählt die Stimme des Bürgermeisters doppelt. Kai Speth hat aus dieser Rechnung in einem Leserbrief den Schluss gezogen: Nun können CDU und Neue Mitte alleine bestimmen.

 

CDU-Mann Ludwig sieht das nicht so. "Selbstverständlich kann man sagen: Je mehr Sitze im Vorstand, desto weniger ist die einzelne Stimme wert." Aber CDU und Neue Mitte hätten keine feste Koalition gebildet und wollten jetzt auch nicht ihre Politik gegen die Ideen der anderen durchsetzen. "Wir wollen den Bürgermeister in seiner Arbeit unterstützen", versichert er. Und Kompromisse erreichen, die alle Fraktionen mittragen.

 

Bürgermeister ist optimistisch

Auch Bürgermeister Kai Müller (parteilos) gibt sich optimistisch. Er vermutet, dass es für alle - und nicht nur für ihn - schwieriger werden wird, bestimmte Ideen umzusetzen, da jetzt vier Fraktionen an einem Tisch sitzen und nicht mehr drei.

Trotzdem geht er davon aus, dass viele Entscheidungen auch weiterhin mit großer Mehrheit getroffen werden. "Ich hoffe, dass wir über alle Themen reden können und dass sich jeder einbringen kann", sagt er.

Von Friederike Gatzke



Nassauische Neue Presse – 07.05.11

Leserbrief von Kai Speth

 

Wenig durchdachte Vorgehensweise

 

Dass der Fraktionsvorsitzende der CDU unverhohlen zugibt, dass aus politisch motivierten Gründen die Zahl der Beigeordneten erhöht werden soll, ehrt ihn durchaus. Ein Abgeordneter der Neuen Mitte behauptete dagegen, dass dies eher dem Wählerwillen entsprechen würde. Allerdings sollte man klar bedenken, dass durch die Erhöhung auf acht Mitglieder die "Macht" des Bürgermeisters stark eingeschränkt ist. Bei sieben Beigeordneten hätte nämlich der Bürgermeister bei Stimmengleichheit mit seiner Stimme (gem. §68 HGO) den Ausschlag gegeben. Nun kann die Koalition aus CDU und Neuer Mitte alleine bestimmen. Wie sieht es da mit dem Wählerwillen aus? Immerhin wurde der Bürgermeister erst letztes Jahr direkt gewählt.

 

Im Übrigen hätte die Wahl der Beigeordneten durchaus stattfinden können. Zwar wäre die Erhöhung der Anzahl an diesem Tag nicht möglich gewesen (Satzungsänderung war nicht auf der Tagesordnung), allerdings ist die Erhöhung der Stellen (gem. §55 Abs.1 HGO) während der Wahlzeit jederzeit möglich. Die ursprüngliche Anzahl der Stellen, die jeder Fraktion zusteht, war bekannt, und die Personen standen sicher auch schon fest. Daher hätte man auch an diesem Tag wählen können.

 

Stattdessen wird nun eine neue Sitzung der Gemeindevertretung einberufen, welche ausschließlich den Zweck hat, dies nachzuholen. Dass dies unnötig Zeit und Geld (Sitzungsgelder) kostet, braucht eigentlich nicht erwähnt werden. Ob diese ineffiziente und wenig durchdachte Vorgehensweise der Koalition aus CDU und Neuer Mitte die nächsten fünf Jahre weitergeht? Aus reiner Oppositionssicht könnte man sich eigentlich darüber freuen. Aus Sicht der Gemeinde Beselich und der Wähler wäre dies aber erbärmlich.



Nassauische Neue Presse – 11.05.11


Streit um Vorstand - Erweiterung des Gemeindevorstands sorgt in Beselich für Schlagabtausch

Erst nach heftiger Debatte um die Erweiterung des Gemeindevorstands machte das Beselicher Parlament den Weg frei für die Wahl der Beigeordneten. Neuer Erster Beigeordneter ist Dieter Ludwig (CDU).


Beselich. Das Beselicher Gemeindeparlament hat am Montagabend Dieter Ludwig (CDU) zum neuen Stellvertreter von Bürgermeister Kai Müller (parteilos) gewählt. Ludwig, der auf einer gemeinsamen Liste von CDU und "Neue Mitte" kandidierte, erhielt zusammen mit den übrigen Listenkandidaten 13 Stimmen; er löst Norbert Heil (SPD) ab. Elf Abgeordnete (SPD, Bürgerliste) stimmten für ihre jeweils eigenen Kandidaten.

 

Zuvor hatte das Parlament mit Stimmenmehrheit von CDU und Neuer Mitte durchgesetzt, dass der Gemeindevorstand von sieben auf acht Mitglieder erhöht wird. Begründet wurde dies damit, dass die neuen Verhältnisse im Parlament – vier statt bisher drei Fraktionen – so auch im Vorstand besser abgebildet würden. SPD und Bürgerliste Beselich (BLB) votierten dagegen.

 

Der neue Gemeindevorstand setzt sich wie folgt zusammen: Dieter Ludwig, Rüdiger Brühl (beide CDU), Dr. Andreas Waibel, Josef Hannappel (beide Neue Mitte), Rudolf Stupinsky, Norbert Heil (beide SPD) sowie Malte Rößler (BLB). Nachrücken wird Edgar Heinz (CDU), sobald die geänderte Hauptsatzung in Kraft getreten ist. Von der Änderung profitiert die Neue Mitte, die einen Sitz mehr erhält als in einem siebenköpfigen Gemeindevorstand.

 

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Theo Schneider sprach mit Blick auf die Listenverbindung mit der Neuen Mitte von einem "ganz normalen demokratischen Vorgang" und erinnerte daran, dass die CDU trotz des Verlustes von zwei Sitzen größte Parlamentsfraktion ist. Man habe nach der Wahl mit allen Fraktionen gesprochen und sich schließlich mit der Neuen Mitte auf eine Beigeordneten-Liste geeinigt. Schneider wies den Vorwurf aus der SPD zurück, dies richte sich gegen den Bürgermeister. Er wolle nicht hoffen, dass die SPD davon ausgeht, dass der parteilose Bürgermeister Kai Müller – ehemals Mitglied der SPD-Fraktion – im Vorstand immer mit der SPD stimmt.

 

BLB und SPD protestieren

Norbert Bandur (BLB) sah seine Fraktion durch die Sitzerhöhung benachteiligt, während die Neue Mitte "überproportional gut" wegkomme. Diese habe nämlich im neuen Gemeindevorstand nun 25 Prozent der Sitze inne, die BLB aber nur 12,5 Prozent, obwohl beide Listen die gleiche Zahl Gemeindevertreter haben. "Wo bleibt da der Wählerwille?", fragte Bandur, für den die Erweiterung ein "Geschmäckle" hat. Petra Meilinger (BLB) meinte, dass ohne die Koalition CDU/Neue Mitte der achte Vorstandssitz zwischen BLB und Neuer Mitte verlost worden wäre.


Der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Jahn sah keine Notwendigkeit, den Gemeindevorstand zu vergrößern, da die Zahl der Mitglieder nichts über dessen Arbeitsfähigkeit aussage. Er verwies auf Löhnberg, wo es sogar nur fünf Vorstandsmitglieder gebe. Jahns Fraktionskollege Rudi Stupinsky kritisierte, hier würden "mit Steuerzahlers Leder Koalitionsriemen geschnitten". Alleine die eigens zur Wahl des Gemeindevorstands einberufene Sitzung koste rund 700 Euro extra – viel Geld, über das mancher Rentner froh wäre. Parlamentarischer Brauch werde über Bord geworfen. Die Koalition handele offenbar nach der Maxime "erst das Fressen, dann die Moral", zitierte Stupinsky Bertolt Brecht.

 

Der Fraktionsvorsitzende der Neuen Mitte, Matthias Schenk, verteidigte das Zusammengehen mit der CDU in der Beigeordnetenfrage und erklärte zugleich, dass es sich hierbei nicht um eine politische Koalition handele. Im Gegenteil: "Mit dieser Listenverbindung zur Beigeordnetenwahl sind gleichzeitig feste Koalitionen jedweder Art verhindert", sagte Schenk. Die "Beselicher Verhältnisse", also das vorurteilsfreie Streben nach einem möglichst einstimmigen Kompromiss über alle Fraktionsgrenzen hinweg, seien für die nächsten fünf Jahre gesichert. Schenk machte ebenso deutlich, dass er bei fortgesetztem "Dauerwahlkampf" nicht mehr für den Vorsitz des Haupt- und Finanzausschusses kandidieren will. Er mutmaßte außerdem, dass es der Bürgerliste nur darum gegangen sei, dass ihr Vorsitzender Malte Rößler Erster Beigeordneter wird.

 

Diefenbach: "Schäbig"

Jörg Diefenbach (Neue Mitte) fand es "schäbig", dass die SPD über 15 Euro Sitzungsgeld für ehrenamtlich tätige Parlamentsmitglieder diskutiert. Er kündigte an, dass es mit der Neuen Mitte auch in Zukunft wechselnde Mehrheiten geben wird und vernünftige Anträge unterstützt würden, egal aus welcher Richtung sie kommen. Dieter Ludwig (CDU) verwies auf den mit elf Mitgliedern sogar noch deutlich größeren Gemeindevorstand in Villmar. Und auch Eric Heymann meinte, es gebe ebenso kleine Kommunen wie Beselich mit deutlich mehr Beigeordneten.

Deutlich harmonischer zeigte sich das Parlament bei der Wahl der Stellvertreter des Parlamentsvorsitzenden Christoph Heep (CDU). Gewählt wurden Michael Jahn (SPD), Matthias Schenk (Neue Mitte) und Bernd Litzinger (BLB).goe