Presseberichterstattung zur Gemeindevertretersitzung am 14.10.11
Weilburger Tageblatt - 26.10.11
Parlamentariern platzt der Kragen
Bürgerliste: Abstimmung über Investzentrum von Bürgermeister massiv beeinflusst.
Beselich-Obertiefenbach. Plötzlich wird es ruppig in der Sitzung der Gemeindevertreter. Erst platzt dem Vorsitzenden Christoph Heep (CDU) der Kragen, dann dem SPD-Fraktionschef Michael Jahn. Bürgermeister Kai Müller (parteilos) macht daraufhin von seinem Antragsrecht Gebrauch, und Bernd Litzinger (Bürgerliste) spricht später von einer "massiven Beeinflussung der Abstimmung".
Eigentlich versprach die Tagesordnung der jüngsten Parlamentssitzung in Obertiefenbach nichts Spektakuläres. Die Bürgerliste hatte einen Antrag eingebracht, wonach das Investzentrum B 49 von einem Industrie- zu einem Gewerbegebiet umgewandelt werden sollte. Zur Begründung sagte deren Vorsitzender Bernd Litzinger, nachdem eine Ansiedlung der Firma Wool.rec verhindert werden konnte, solle nun sichergestellt werden, dass sich auch künftig keine Unternehmen dort niederlassen, die mit hohen Lärm- und Luftemissionen die Lebensqualität in Obertiefenbach mindern. Die Umwandlung in ein Gewerbegebiet würde zudem keine Nachteile nach sich ziehen.
Von der Neuen Mitte kam dagegen der Einwand, eine solche Umwandlung koste nur Geld. Die Gemeindevertreter hätten es auch so in der Hand, welchem Unternehmen sie die Ansiedlung erlauben und welchem nicht. Jörg Diefenbach erinnerte, dass damals demokratisch und einstimmig einer Umwandlung in ein Industriegebiet zugestimmt wurde. Wolle man das jetzt ändern, seien triftige Gründe nötig.
Theo Schneider (CDU) sagte, auch seine Partei wolle keine Industrie in Beselich. Michael Jahn (SPD) gab zu bedenken, dass aber bereits ansässige Firmen von der derzeitigen Situation profitieren könnten.
Bernd Litzinger machte daraufhin Druck: An Ort und Stelle sollte entschieden werden. Entscheidungen würden in Beselich zu lange aufgeschoben.
Josef Hannappel (Die Mitte), bat darauf hin als Mitglied des Gemeindevorstands um Rederecht, das ihm Bürgermeister Müller auch erteilte. Ein größeres Unternehmen habe Interesse an einer Neuansiedlung im Investzentrum an der B 49 angemeldet. "Das hätte sich mit einer Umwandlung zu einem Gewerbegebiet ein für alle mal erledigt", schimpfte Hannappel.
Christoph Heep schimpft: "Davon hätte Müller ja mal berichten können"
Daraufhin platzte erst Parlamentsvorsteher Christoph Heep der Kragen, schließlich hätte der Bürgermeister in seinen Mitteilungen davon ja berichten können. Der so Angegriffene wiederum wehrte ab: Es gebe nichts zu berichten, der Gemeindevorstand habe sich bisher nicht mit dem Thema beschäftigt. Dann hatte auch SPD-Fraktionschef Jahn genug gehört: "Dafür sind Ausschüsse da", rief er empört.
Nach Hannappel bat auch Malte Rößler (Bürgerliste) aus dem Gemeindevorstand um Rederecht, doch Müller wehrte rigoros ab: "Ich mache jetzt von meinem Antragsrecht Gebrauch und beantrage, das Thema ohne weitere Diskussion in die Ausschüsse zu verweisen."
Gegen die vier Stimmen der Bürgerliste wurde daraufhin der Bauausschuss damit beauftragt, die Vor- und Nachteile einer Umwandlung zu prüfen.
Nassauische neue Presse – 25.10.11
Bürgerliste ausgebremst
Nach Intervention eines Beigeordneten wird Antrag der Bürgerliste Beselich vertagt
Die Bürgerliste Beselich sieht sich in ihrem Bemühen, einen Teil des Investzentrums von einem Industriegebiet in ein reines Gewerbegebiet zurückzuverwandeln vom Beigeordneten Josef Hannappel (Neue Mitte) ausgebremst. Ihr Vorwurf: Hannappel habe die entscheidende Abstimmung unzulässig beeinflusst.
Beselich. Mit ihrem Antrag wollte die Bürgerliste verhindern, dass sich ein Fall wie die gescheiterte Ansiedlung des Mineralfaser-Recyclers "Wool.rec" vor knapp zwei Jahren wiederholt. Deshalb sollte die eigens für Wool.rec als Industriegebiet ausgewiesene Fläche wieder in ein reines Gewerbegebiet zurückverwandelt werden. Jeglicher Industrieansiedlung sollte damit ein Riegel vorgeschoben werden.
BLB-Fraktionsvorsitzender Bernd Litzinger meinte, dass die angestrebte Rückumwandlung keine Nachteile nach sich ziehen würde. Die Diskussionen im Zusammenhang mit Wool.rec habe gezeigt, dass den Beselicher Bürgern nicht zuzumuten sei, die mit einem Industriegebiet verbundenen zulässigen höheren Emissionen und andere Nachteile, zum Beispiel höhere Obergrenzen für Lärmwerte, rund um die Uhr zu tolerieren. Deshalb verlangte die Bürgerliste eine unverzügliche Abstimmung über das Thema.
CDU-Antrag kippte
Dagegen wollten SPD und Neue Mitte das Thema zunächst noch einmal im Haupt- und Finanzausschuss beraten. Der Fraktionsvorsitzende der Neuen Mitte, Matthias Schenk, meinte, eine Rückumwandlung koste nicht nur viel Geld, sondern es stelle sich auch die Frage, ob sie sinnvoll sei. Deshalb müsse zunächst geprüft werden, welche Vorteile die Gemeinde davon hätte. Letztlich, so Schenk, habe es die Gemeindevertretung ja ohnehin in der Hand, wem sie Gewerbeflächen im Investzentrum verkauft. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Jahn ergänzte, es müsse geprüft werden, ob die bereits ansässigen Firmen von der jetzigen Regelung profitieren.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Theo Schneider signalisierte zunächst zwar Zustimmung zum BLB-Antrag, sah jedoch Ergänzungsbedarf, um die Kosten für eine Planungsänderung im Griff zu behalten. Er beantragte, die Rückumwandlung anlässlich einer späteren Änderung des Bebauungsplanes vorzunehmen. Bis dahin sollte der Gemeindevorstand verpflichtet werden, keine Verhandlungen mehr über Industrieansiedlungen zu führen.
Eine Formulierung, die auch die Bürgerliste akzeptierte und über die der Parlamentsvorsitzende Christoph Heep (CDU) bereits abstimmen lassen wollte – als Beigeordneter Josef Hannappel intervenierte. Hannappel, dem Bürgermeister Kai Müller (parteilos) zuvor das Rederecht erteilt hatte, warnte die Gemeindevertretung vor einer Abstimmung über den CDU-Antrag, weil damit laufende Verhandlungen über einen "sehr interessanten Ansiedlungsvorschlag" zunichtegemacht. Ein Industrieunternehmen habe Interesse, im Investzentrum einen Drei-Schicht-Betrieb zu errichten. "Wenn wir jetzt abstimmen, dann hat sich die Ansiedlung erledigt", sagte Hannappel.
Müller: Es war ein Fehler
Nach Hannappels Intervention beendete Bürgermeister Müller die weitere Diskussion, indem er von seinem Antragsrecht Gebrauch machte und die Verweisung des Themas in den zuständigen Fachausschuss forderte. Das Parlament folgte Müller bei nur drei Nein-Stimmen und einer Enthaltung der Bürgerliste. Zugleich lehnte es Müller ab, dem Beigeordneten Malte Rößler (BLB) ebenfalls das Rederecht zu erteilen. Dieser protestierte sichtbar und hörbar gegen Müllers Weigerung.
Der NNP sagte Rößler gestern, Bürgermeister Müller habe aus seiner Sicht gegen die Gemeindeordnung verstoßen, als er Hannappel das Rederecht erteilte. Hannappel habe mit seiner Wortmeldung die Abstimmung unzulässig beeinflusst. Auch habe Müller seine Neutralitätspflicht verletzt, als er ihm, Rößler, kein Rederecht erteilt habe. "Ich hätte Hannappels Aussagen noch relativieren können", sagte Rößler.
Müller räumte gegenüber dieser Zeitung ein, einen Fehler gemacht zu haben, als er Josef Hannappel sprechen ließ. "Ich hätte ihm kein Rederecht geben dürfen", sagte er. Andererseits sei Hannappels Einwand inhaltlich in Ordnung gewesen und liege ganz auf der Linie dessen, was zuvor im Gemeindevorstand besprochen worden sei. Und das bedeute: Eine Rückumwandlung des Investzentrums in ein Gewerbegebiet würde die Verhandlungen mit dem Investor erschweren.goe
Nassauische Neue Presse – 26.10.11
Recycler will Produktion nach Beselich verlagern
Beselich-Obertiefenbach. Das Kelkheimer Recycling-Unternehmen MKV, das in Obertiefenbach eine mechanische Aufbereitung von Kunststoffen und Metallen betreibt, will bis 2014 seine Produktion komplett nach Obertiefenbach verlagern. Dies hat der Geschäftsführende Gesellschafter Rainer Zies gestern auf Anfrage dieser Zeitung bestätigt. Insgesamt beschäftigt MKV derzeit 40 Arbeitskräfte, davon sieben in Obertiefenbach.
Zum jetzigen Zeitpunkt sei aber noch völlig offen, ob sich das Unternehmen tatsächlich im Investzentrum an der B 49 niederlässt, wie dies in der Parlamentssitzung am Montag angeklungen war, oder aber am jetzigen Standort auf dem Gelände der ehemaligen Geflügelschlachterei am Obertiefenbacher Ortsrand verbleibt, sagte Zies. Dies hänge nicht zuletzt davon ab, wie sich der jetzige Mieter von MKV verhält, der auf dem firmeneigenen Gelände ebenfalls einen Recyclingbetrieb hat. Sollte sich der Mieter für einen Umzug entscheiden, würde MKV auf seinem jetzigen Standort verbleiben. Andernfalls sei eine Verlagerung ins Investzentrum möglich, erklärte Zies.
Bereits im März dieses Jahres habe er zunächst bei der Gemeinde angefragt, ob diese Gewerbeflächen zur Verfügung habe. Benötigt würden rund 20 000 Quadratmeter, die nach Auskunft von Bürgermeister Kai Müller (parteilos) im Investzentrum zur Verfügung stehen würden. Mit der Firmenzusammenlegung greife er Pläne auf, die bereits bei Niederlassung in Obertiefenbach 1995 bestanden hätten, zwischenzeitlich aber fallengelassen worden waren, sagte Zies. Ziel sei es, in Obertiefenbach, einen Drei-Schicht-Produktionsbetrieb zu errichten, in dem die Granulierung und das Compounding, das derzeit in Kelkheim angesiedelt ist, verrichtet werden.
Ob dazu die Ausweisung eines Industriegebiets notwendig ist, wie dies vom Gemeinde-Beigeordneten Josef Hannappel (Neue Mitte) in der Parlamentssitzung am Montag erklärt worden war (diese Zeitung berichtete), wollte Zies nicht bestätigen. Grundsätzlich hätte er jedoch Bedenken gegen die von der Bürgerliste angestrebte Rückumwandlung des Industriegebiets in ein reines Gewerbegebiet, weil dies aus seiner Sicht mit einer Abwertung verbunden wäre. Auf potenzielle Investoren könnte dies durchaus abschreckend wirken, sagte Geschäftsführer Zies. Letztlich entscheide doch immer die Gemeinde, welchem Unternehmen sie Gewerbeland verkauft und welchem nicht.goe